Mehr über den Roman
Sie sind ein echtes Herzensprojekt, meine Wellenkinder…
Es ist nach zwei Kriminalromanen mein erster Belletristikroman. Schon immer haben mich die privaten Geschichten und die Psyche sowohl meiner Opfer als auch meiner Ermittlerfiguren brennend interessiert, darüber zu schreiben machte einfach Riesenspaß. Und nach dem zweiten Krimi wurde mir recht schnell klar, dass ich das Genre erstmal hinter mir lassen will. Der Roman Wellenkinder war dafür mein Motor und meine Spielwiese, was bin ich ihm dankbar dafür!
Selten hat deshalb die Gestalt eines Stoffes, das, was nach all dem Entwerfen, dem Wägen, dem Schreiben und Umschreiben über Jahre entsteht, so tiefgreifende Wandlungen erfahren. Selten war ich so verblüfft über das, was am Ende auf dem Papier stand. Auch deshalb, weil ich inzwischen gelernt habe, auf meine Intuition zu vertrauen, den Kopf hintanzustellen und der Geschichte selbst zu lauschen, die erzählt werden will…? Ich hoffe es.
Anfangs gab es ja noch die Idee für einen Kriminalroman, doch bald trat die Ermittlungsgeschichte zurück, die Geschichte hinter der Ermittlung nahm mich mehr und mehr gefangen. So entstand die Erzählung meiner Hauptfigur Jan, eines Mannes in mittleren Jahren, der auf schmerzvolle Weise erkennen muss, dass seine Herkunft eine andere ist als gedacht, und der eine Reise zu seinen Wurzeln und am Ende zu sich selbst antritt. Daneben steht die Geschichte seiner Mutter, die Anfang der Siebziger Jahre aus der DDR zu fliehen versucht und ins Gefängnis kommt.
Wenige Tage, nachdem ich das Wort Ende geschrieben und den Schreibtisch verlassen hatte, tauchte eine dritte Hauptfigur in meinem Kopf auf, die, die im Hintergrund die ganze Zeit präsent war. Bislang lebte sie nur in den Erinnerungen Jans. Doch plötzlich wurde mir klar, dass ihre Stimme, ihr Erleben den Roman erst vollständig macht und ich brauchte keine vier Wochen, um ihre Geschichte aufzuschreiben. Es ist die einer Frau, die auf den Plan tritt, als sie dringend gebraucht wird, die zum Retter eines Kindes in Not wird. Und der es dennoch nicht gelingt, die Spuren der Vergangenheit auszulöschen, so sehr sie auch liebt und alles dafür tut, ein Trauma vergessen zu machen.
Mit ihr hatte jede Stimme, auf die es in der Geschichte ankommt, endlich ihren Platz gefunden, und ich hoffe, dass es Ihnen, liebe Leser*innen Freude und Erfüllung schenkt, ihnen zuzuhören, ebenso wie mir beim Schreiben…
Liv Marie Bahrow © 2024